Die historische Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts lässt sich durchaus auch an der Aufeinanderfolge von Methoden ablesen. Auf die in den Schulunterricht eingeführten sog. neueren Sprachen (Englisch und Französisch) wurden zunächst die Methoden des Unterrichts in den alten Sprachen (Griechisch und Latein) übertragen. Mit den sich wandelnden Anforderungen an den Fremdsprachenunterricht, die „lebenden Sprachen“ so zu unterrichten, dass sie schriftlich wie mündlich auch außerhalb schulischer Aufgabenstellungen verwendet werden können, wandelten und wandeln sich auch die Methoden. Sie nahmen und nehmen häufig auf, was zuvor vielleicht von den voraufgegangenen Methoden vernachlässigt wurde und gingen und gehen ein auf aktuelle Bedürfnisse der Gesellschaft. Zudem berücksichtigen sie neueste Ergebnissen der unterschiedlichen Bezugswissenschaften.
Deutsch als Fremdsprache ist von dieser Entwicklung der Methoden des Fremdsprachenunterrichts nicht auszunehmen. Für Lehrende ist die Kenntnis der Grundzüge von Methoden notwendig und nützlich. So ist es möglich, Lehrwerke von der jeweils zu Grunde liegenden Methode her einzuordnen. Methodenkenntnis erlaubt es, für die jeweilige Zielgruppe, deren Fähigkeiten und die vorgegebenen Lernziele die geeignete Methode(das Lehrwerk) bzw. den möglichst besten methodischen Weg auszuwählen(vgl.Jung2001,137).
Der Begriff Methode/Methodik ist aus dem griechisch-lateinischen Wort methodos/methodus abgeleitet und bedeutet etwa: Zugang/Weg, der zu einem bestimmten Ziel führt.
Die vorliegende Arbeit will sich vier wichtigsten Methoden zuwenden und ihre Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzeigen: der Grammatik – Übersetzungs-Methode, der audiolingualen/audiovisuellen Methode, der kommunikativ- pragmatisch-orientierten Methode und der vermittelnden Methode.
1. Grammatik – Übersetzungs-Methode
Die Grammatik – Übersetzungs- – Methode wurde vom altsprachlichen Unterricht (Latein, Griechisch) übernommen und auf den Unterricht moderner Fremdsprachen übertragen.
Das Deutsche wurde anhand der Kategorien der lateinischen Grammatik dargestellt, wobei es naturgemäß zur Auflistung vieler Ausnahmen kam, deren Erlernung dann im Unterricht oft großes Gewicht beigemessen wurde. Modell des Sprachunterrichts war die geschriebene Sprache der schöngeistigen Literatur. Die Sprache wurde als Gebäude aufgefasst, das nach logischen Regeln aus bestimmten Bausteinen gefügt ist. Die Lerner sollten die Konstruktionsregeln der Sprache verstehen und anwenden lernen. Das Lernkonzept war kognitiv: Sprachenlernen sollte die Entwicklung des logischen und ordnenden Denkens fördern(vgl.Heyd1991,25).
Der Unterricht nach der GÜM bestand aus 3 Phasen: aus der Einführungsphase, in der Grammatiklehrstoff präsentiert wurde; aus der Übungsphase, in der Sätze zum Grammatiklehrstoff gebildet wurden; aus der Anwendungsphase, in der das Lesen, das Schreiben und das Übersetzen als Anwendung des Lehrstoffes geübt wurden. Im Vordergrund stand das Lernen grammatischer Regeln, die über Beispielsätze zur Bildung korrekter Sätze führten. Überwiegende Übungsformen waren grammatisch korrekte Ergänzung von Lückensätzen bzw. grammatisch orientierte Umformungen und Übersetzungen. Die Hin- wie Herübersetzung von Texten diente als Nachweis der Sprachbeherrschung. Die gesprochene Zielsprache spielte eine höchst untergeordnete Rolle (vgl.Jung2001,137).
Dem Lerner wurde keine Möglichkeit gegeben, sich einen Problembereich selbstständig zu erarbeiten. Auch sein Verstand wurde nicht gefördert. Die Lerner beteiligten sich mehr passiv als aktiv.
2. Audiolinguale/ Audiovisuelle Methode
Laut dem Universalwörterbuch Duden werden die Begriffe audiolingual und audiovisuell folgenderweise definiert : audiolingual [zu lat. audire=hören und lingua=Zunge]:[im Sprachunterricht] vom gesprochenen Wort ausgehend; audiovisuell : zugleich hörbar und sichtbar . Im Bezug auf Sprachunterricht geht es im ersten Fall um den Einsatz der Tongeräte wie z .B. Kassettenrecorder, CD-ROMs, im zweiten Fall um solche Medien wie Videorecorder, Audiokurse mit Lehrbüchern, Computer.
Die AL/AV – Methode erwuchs aus einer Verbindung von behavioristischer Lerntheorie und linguistischen Strukturalismus. In den USA hatte sich der Strukturalismus als linguistische Grundlage des Fremdsprachunterrichts in den 40er Jahren durchgesetzt. Dabei wurden die Arbeitsweisen strukturalistischer Sprachforschung direkt als methodische Prinzipien auf das Fremdsprachenlernen übertragen.
Bei der AL/AV- Methode wird der natürliche Spracherwerb gefördert(man soll eine Fremdsprache so lehren, wie die Mutter ihr Kind die Muttersprache lehrt). Sprache gilt als ein Bündel von Sprechgewohnheiten, als verbales Verhalten(vgl.Heyd1991,29).
Spracherwerb wird mit Überlegungen aus der behavioristischen Psychologie erklärt, die das Verhalten des Menschen auf den mechanischen Ablauf von Reizen und Reaktionen von Vor- und Nachmachen reduziert, und damit die schöpferischen Fähigkeiten des Menschen auf ein Minimum beschränkt und kaum Raum für aktive psychische Prozesse lässt. Ziel der AL/AV- Methode war die Entwicklung des Sprachkönnens und nicht mehr des Sprachwissens.
Zu den Unterrichtsprinzipien der AL-Methode gehörten
- Vorrang des Mündlichen vor dem Schriftlichen
- Situativität des Unterrichts
- Authentizität der Sprachvorbilder
- Einübung von Sprachmustern durch Imitation und häufiges Wiederholen
- Grundlegende Einsprachigkeit des Unterrichts, Ausschluss der Muttersprache aus dem Unterricht
- Progression des Lernprogramms anhand der Grammatiklehrstoffe durch systematische Steigerung der Komplexität der Sprachmuster der Zielsprache
- Charakteristische Übungsformen der AL-Methode
- Satzmusterübungen (pattern drill)
- Satzschalttafeln/Substitutionsübungen
- Lückentexte/Einsetzübungen
- Auswendiglernen und Nachspielen von Modelldialogen (vgl. Neuner et al 1993,61)
Die AV-Methode stellt eine Weiterentwicklung der audiolingualen Methode dar. Der Unterrichtsprinzip der AV-Methode besteht darin, Sprache, wo immer möglich, mit optischem Anschauungsmaterial zu verbinden. Zu den Unterrichtstechniken der audiovisuellen Methode gehören:
- Präsentation eines Bildes oder einer Bilderfolge und eines auf Tonband aufgenommenen Dialogs.
- in der zweiten Phase werden die Bedeutungen einzelner Gesprächseinheiten erklärt
- in der dritten Phase müssen die Dialoge durch mehrfaches Wiederholen von Bild und Text auswendig gelernt werden
- in der vierten Phase werden die Lerner aufgefordert eigene Dialoge zu den Bildern zu machen
- in jeder Stunde werden Satzmusterübungen (pattern drills) durchgeführt
- Schreiben und Lesen werden im späteren Verlauf des Kurses in den Unterricht miteinbezogen
Ein Vergleich von audiolingualer und audiovisueller Methode bezüglich ihrer methodischen Verfahrensweisen lässt deutliche Parallelen erkennen. Ebenso wie die ALM legt die AVM vorrangig Wert auf die gesprochene Sprache, sie verwendet einfache Modelsatze zum Üben einzelner Satzstrukturen (pattern drills), lässt die verschiedenen patterns auswendig lernen und verwendet technische Hilfsmittel im Unterricht(vgl. Neuner et al 1993,62ff).
3. Kommunikativ – Pragmatisch – Orientierte -Methode
Die kommunikative Methode möchte den schülerzentrierten Unterricht. Nach einer Phase der Stoff-Faszination und der Konzentration auf Objektivierbare und mit objektiven Testverfahren messbare Lernziele im Bereich der sprachlichen Systeme ist für den gegenwärtigen Stand der Diskussion eine stärkere Hinwendung zum Lernenden als dem Subjekt des Lernprozesses und zum Lernprozess selbst kennzeichnend (Neuner et al 1981,13).
Bei der Entwicklung der kommunikativen Didaktik seit der ersten Hälfte der 70er Jahre werden zwei Grundrichtungen beobachtet : eine stärker pragmatisch-funktional ausgerichtete und eine stärker pädagogisch ausgerichtete.
In den 70erJahren kamen neue Zielgruppen zum Wort (Hauptschüler, Erwachsene, Teilnehmer an beruflicher Fortbildung), die die Veränderung der Unterrichtsmethoden erforderten. So entstand eine schülerzentrierte kommunikative Methode, die später nicht mehr vom Lernstoff ausgeht, sondern vom Schüler als Subjekt des Erziehungsprozesses. Der Lernende wurde aktiviert und wird als Partner im Lernprozess verstanden. Damit ist die Veränderung der Sozialformen verbunden. Der traditionelle Frontalunterricht wird durch variable Formen der Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit erweitert. Im Fremdsprachenunterricht müssen die Bedürfnisse der Lerner berücksichtigt werden. Auch die Lehrerolle wird neu gesehen. Der Lehrer ist eher ein Helfer im Lernprozess und kein Medientechniker mehr. Die behandelten Themen sollen den Lerner betroffen machen. Er soll zum Fremdsprachenlernen motiviert werden. Es wird von dem Erfahrungsvermögen des Lerners ausgegangen. Die Inhalte sollen dem Lernenden etwas bedeuten. Sie sollen ihm helfen, sich in der fremden Welt zu orientieren und dabei neue Perspektive auf die eigene Welt zu entwickeln. Verstehensleistungen werden zum Ausgangspunkt des Fremdsprachenlernens. Dabei spielen die Medien eine sehr große Rolle. Sie werden im Unterricht integriert. Die einzelnen Fertigkeiten werden nicht mehr isoliert, sondern in Verbindung miteinander geübt. Diskursives und partnerbezogenes Sprechen werden unterscheiden. Es wird zwischen einer Verstehensgrammatik und einer Mitteilungsgrammatik unterschieden und beide werden unterschiedlich entwickelt. Es werden verstärkt sowohl authentische Sachtexte als auch populärwissenschaftliche Texte behandelt. Die Bedeutung des globalen und selektiven Verstehens auch authentischer Hör- und Hör/Seh-Texte wird anerkannt und dafür werden dem Lerner entsprechende Strategien vermittelt.
Die Landeskunde soll die Welterfahrung des Lerners erweitern. Sie geht von den Erfahrungen, die der Lerner im eigenen Kulturkreis gewonnen hat. Dazu werden die Gegebenheiten der Zielkultur differenziert dargestellt und mit den Erfahrungen und Einstellungen des Lerners verglichen.
Sprachliches Handeln gilt als geistige und kreative Tätigkeit des Schülers. Kommunikative Fertigkeiten werden aus der Situations-, Rollen- und Text-Sortenanalyse abgeleitet (vgl.Heyd191,29ff).
4. Vermittelnde Methode
Darunter wird eine Methode verstanden , die Prinzipien und Elemente aus geschlossenen, strikten Methodenkonzepten auswählt und miteinander mischt. Bei der Auswahl spielen die Kriterien der Anwendbarkeit und der Bewährung in der Praxis eine zentrale Rolle.
Dabei wird in Kauf genommen, dass Begründungen und Ableitungen für Teilziele und Teilbereiche des Sprachunterrichts nicht stimmig sind und sich teilweise widersprechen (z.B. kognitive Begründung des Spracherwerbs/ ausschließliche Verwendung von immitativen Übungsformen oder Erklärung des Zweitsprachenerwerbs in Analogie zum Muttersprachenerwerb/
Verwendung zweisprachiger Erklärungsverfahren und Übungen).
Standards der vermittelnden Methode, die sich besondere im gymnasialen Fremdsprachenunterricht herausgebildet haben sind:
- Orientierung an geistig-formalen Bildungskonzepten (simples Kellner-Deutsch reicht aus)
- hoher Stellenwert des Grammatikunterrichts (nur über Wissen kann Können erreicht werden; vom Beispiel zur Regel)
- der Grammatikunterricht verläuft in zyklischen Progressionen(vom Elementaren zum Spezifischen)
- hoher Stellenwert des Literaturunterrichts (Textanalyse/Reflexion über Texte“)
- Orientierung an pragmatischen Lernzielen (wichtig ist die Verständigung in Gesprächen)
- Betonung von dialogischer Kommunikation(Alltagskommunikation)
- Beachtung des Prinzips der aufgeklärten Einsprachigkeit (das Verstehen muss gesichert werden)
- Bevorzugung frontaler Unterrichtsformen (der Lehrer muss Könnens- und Wissenserwerb
kontrollieren)
- Berücksichtigung von die Selbständigkeit der Lernenden fördernden Unterrichtsformen
(die Eigentätigkeit des Lernenden muss gestützt werden)
Bogdan Wieczorek
Bibliographie
- Jung Lothar , 99 Stichwörter zum Unterricht Deutsch als Fremdsprache
- Heyd Gertraude , Grundwissen für den Unterricht in Deutsch als Fremdsprache
- Neuner Gerhard, Hunfeld Hans , Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts